Mittwoch, 13. Januar 2010

Meine Rohkost-Anfänge












Am 7.2.09 hab ich mich entschlossen, monatlich mehr Geld für Nahrungsmittel als für meine Miete auszugeben, meinem geliebten Räuchter-Tofu Lebewohl zu sagen und meine Date-Chance drastisch zu reduzieren - Ich wurde Rohköstlerin.
Seitdem esse ich nur noch rohes Obst und Gemüse, Nüsse und Samen.
Ich gehe diesen Weg, um meinen Körper zu heilen, von einer Amalgambelastung und jahrelanger katastrophaler Ernährung. Die Liste meiner Symptome war/ist länger als ne Rolle Klopapier, aber sie wird auch irgendwann denselben Weg nehmen wie das Klopapier.
Nur um ein paar zu nennen:
  • Hormonelle Störungen (Polyzystisches Ovariensyndrom, latente Schilddrüsenunterfunktion, Nebennierenerschöpfung)
  • Verdauungsstörungen
  • trockene Haare
  • Depressionen
  • Energielosigkeit
  • Panikattacken
  • autistische Züge (Asperger Syndrom)
  • schlechtes Kurzzeitgedächtnis
Ich bin auf das Thema Amalgambelastung vor 4 oder 5 Jahren gestoßen und plötzlich machte alles Sinn. Es gab einen Grund, warum ich so war. Man denkt jahrelang, dass man halt extrem schüchtern ist, ehrgeizlos, unsportlich etc. und das man da halt nicht viel machen kann. Schilddrüsenprobleme - hat doch jeder Zweite.
Die Wahrheit ist, dass es sehr wohl Ursachen dafür gab, dass ich sportlich so unfähig war, dass ich schwer depressiv war und so unfähig mit anderen zu kommunizieren.
Quecksilber aus Amalgamfüllungen ist ein hochtoxisches Nervengift, das schnell verdampft - und wir füllen es uns in die Zähne, in direkte Nähe zum Gehirn. Äh, Entschuldigung - gesunder Menschenverstand??
Jedenfalls änderte sich ab dann alles für mich, und ich probierte alle möglichen (und unmöglichen) Entgiftungsmethoden aus, die die Naturheilkunde und Schulmedizin zu bieten hat: Ich schluckte Chlorella-Algen, die zwischen den Zähnen kleben blieben, nahm Bärlauch- und Koriander-Tropfen, was mir neben Herzrhythmusstörungen das Gefühl gab, eine 80jährige Frau zu sein vom Energielevel (und ich rede hier nicht von den fitten 80jährigen), ich schluckte DMPS und stellte mir Tag und Nacht den Wecker, damit ich alle 3 Stunden meine Dosis DMSA und Alpha Liponsäure nehmen konnte, und ich verbrachte einige Sonntage in meiner Wohnung in direkter Nähe zum Klo, weil ich am Morgen 60 ml Rizinusöl mit Orangensaft getrunken habe.
Ich schätze, meine Date-Chancen waren zu dem Zeitpunkt auch nicht viel ausgeprägter.

Aber es veränderte etwas. Die meisten Entgiftungsversuche waren zwar mit wenig Erfolg gekrönt (am erfolgreichsten sehe ich noch das Cutler-Protokoll an), aber nach und nach merkte ich doch Änderungen. Gleichzeitig stellte ich meine Ernährung um. Ich vertrug auch immer weniger Nahrungsmittel, insofern hatte ich auch keine Wahl. Milch flog als erstes raus. Wenig später Gluten. Kasein und Gluten sind opiatähnliche Stoffe, die besonders für Autisten meist unverträglich sind (siehe auch Autismus-Diät). Ich merkte Änderungen in meinem Verhalten.
Unter Grapefruitkernextrakt (um Candida-Pilze abzutöten) erlebte ich zum ersten Mal, wie es ist, wenn sich der "Brainfog" auflöst und man Energie hat. Zucker und Weißmehl wurden gestrichen (leider auch Obst), um dem Candida keine Nahrung mehr zu geben.
Ich hatte zuvor jahrelang fast hauptsächlich von Süßigkeiten gelebt, Fertiggerichten etc. Daran, dass ich meine Ernährung so radikal umstellten konnte und dabei blieb, sieht man, wie schlecht es mir ging und wie viel Hoffnung ich in die Entgiftung setzte. Zucker ist eine Droge (genau wie Brot oder Milchprodukte) und viele Menschen haben Probleme, das aufzugeben. (Insofern bin ich dankbar für meine "Krankheiten", weil sie mich zum Durchhalten zwangen).
Ich aß also mehr Gemüse, viel Sojaprodukte und versuchte weiter zu entgiften. Die Jahre zwischen 2006-2008 waren kein Spaß.

Und irgendwann in der Zeit muss ich dann auch auf die Rohkost gestoßen sein. Ich weiß nicht mehr, ob es durch das Buch "Die Sonnen-Diät" von David Wolfe war oder wo ich das erste Mal davon gehört habe. Aber ich probierte, immer mehr rohe Sachen zu essen. Ende 2007 unternahm ich meinen ersten 100 % Rohkost-Versuch - und scheiterte kläglich. Ich fühlte mich schwach ohne Ende, aß Nüsse ohne Limit (von denen die meisten eh nicht wirklich roh waren) und nahm innerhalb kürzester Zeit 10 Kilo zu. In den meisten Rohkost-Erfolgsberichten steht, dass die Leute innerhalb kürzester Zeit zig Kilo abnahmen, obwohl sie "so viele Nüsse und Avocados" gegessen haben - ich fühlte mich verarscht.
Ich gab also auf, kehrte zurück zu einer Low Carb Diät aus viel gedämpften Gemüse und Tofu. Aber der Gedanke ließ mich nicht los, die vielen Erfolgsberichte, die vielen geheilten Krankheiten, und schließlich stieß ich auf die 80/10/10 Diät von Doug Graham und dachte, den heiligen Gral gefunden zu haben. Ich hatte zuviel Fett gegessen! (Ich erinnere mich, dass ich einige Jahre vorher bereits auf seine Seite gestoßen war und nur gedacht hatte, was für ein Spinner, Candida wird doch nicht durch Fett verursacht, sondern durch den Zucker! Zum Glück bin ich lernfähig...)
Ich versuchte also mein Glück damit. 80/10/10 steht für die Verteilung 80 % Kohlenhydrate, 10 % Protein und 10 % Fett. Zuviel Fett in der Ernährung behindert viele Abläufe im Körper, z.B. die Insulinrezeptoren (Insulinresistenz wurde bei mir im Rahmen des Polyzystischen Ovariensyndrom diagnostiziert).
Außerdem gefiel die Diät mir: man konnte Obst essen soviel man wollte!
Nach jahrelanger Obst-Abstinenz (wegen Candida) kam ich mir vor wie im Paradies: ich aß Bananen ohne Ende, Ananas, kistenweise Datteln. Nur - es ging mir nicht besser. Im Gegenteil.
Meine (ohnehin kaum vorhandene) Energie nahm rapide ab, ich sammelte Wasser an und nahm kein Kilo ab, obwohl ich die meisten Tage fettfrei hielt, meine hormonellen Störungen verschlimmerten sich (starker Hirsutismus, von außen sichtbare Schilddrüse, starker Haarausfall). Ich hatte extrem trockene Haut und bekam einen stark juckenden pickligen Ausschlag an Rücken und Beinen. Mein Zahnschmelz verabschiedete sich leise aber beständig.
Ich aß die in meinen Augen gesündeste Ernährung auf diesem Planeten und war ein körperliches Wrack.
Ich dachte, ich müsse nur durchhalten, das ist nur Entgiftung (und zu einem großen Teil war es das ja auch), aber als sich auch nach 7 Monaten keine Besserung einstellte, musste ich meinen 80/10/10 (oder das, was ich so nannte) einstellen.

Heute weiß, ich habe nicht wirklich 80/10/10 gegessen. Denn 80/10/10 bedeutet mehr als Unmassen an Obst in sich reinzustopfen.
Ich denke, meine "Fehler" damals waren:
  • zu wenig Grünzeug für die bereits bestehenden und bei der Entgiftung benötigten Mineralstoffe)
  • zuviel Obst (ich hab die Kalorienmengen von Doug Graham gegessen - mit dem Unterschied, dass Doug Graham ein Mann ist, größer ist und viel Sport treibt, und ich die meiste Zeit im sitzenden Zustand verbrachte)
  • zuviel unreifes Obst (killt die Zähne zuverlässiger als jeder Lolli)
  • zu viele Kombinationen, zuviel durcheinander und überhaupt ZUVIEL gegessen
  • zu wenig Wasser (obwohl im Vergleich zu früher enorm gesteigert)
  • die Ungeduld einer Dreijährigen (ein Vierteljahrhundert katastrophaler Ernährung inklusive Magersucht- und Binge Eating-Tendenzen lässt sich nicht in 5 Monaten Rohkost auslöschen)
Ich bin ein Alles-oder-Nichts-Mensch, und ein Mensch der Extreme. Ich denke, daher bin ich strikt bei 100 % Rohkost geblieben. Da das Extrem "viel Obst, wenig Fett" allerdings nicht anschlug, kehrte ich mich dem anderen Extrem zu: kaum Obst, viel Fett.
Es gibt ja im Grunde ziemlich viele Richtungen innerhalb der Rohkost. Wenn also jemand sagt, er isst roh, dann sagt das noch nicht viel darüber aus, wie er nun eigentlich isst.
Es gibt die 80/10/10-Anhänger, es gibt die Richtung, die eher an Gabriel Cousens orientiert ist und kaum Obst isst, dafür viel Grünzeug und Fett. Es gibt die Superfood-Fraktion, und es gibt die Paläo-Leute, die hauptsächlich rohes Fleisch essen. Es gibt Instinctos, es gibt Gourmet-Rohkost, usw.
Jedenfalls reduzierte ich meinen Obstkonsum drastisch, begann mir grüne Säfte zu machen und aß vieeeel mehr Grünzeug. Allerdings mit viel Fett wie Avocados und Nüssen, denn irgendwo mussten die Kalorien ja her kommen. Zunächst ging es mir damit gut, die Wassereinlagerungen wurden etwas weniger. Aber das viele Fett tat mir auch nicht gut. Mal abgesehen davon, dass ich nicht dauerhaft auf mein geliebtes Obst verzichten wollte.
Und trotzdem...rückblickend hatte alles seinen Sinn, denke ich. Dadurch, dass ich mich anfangs mit Obst vollgestopft habe, hatte ich kaum Verlangen nach Kochkost und es war einfach, roh zu bleiben. Die Fettphase hingegen hat bestimmt meine durch meine frühere Ernährung sicher vorhandenen Mängel an guten Fettsäuren behoben und die starken Entgiftungserscheinungen abgedämpft. Das viele Grün allerdings war meiner Meinung nach der entscheidende Punkt.

Langsam, langsam hat es sich jetzt einigermaßen eingependelt. Mit der Zeit wurde das Verlangen nach Fett immer weniger, ich begann wieder mehr Obst (allerdings noch mit niedrigem Zuckergehalt) zu essen, trank weiterhin meine grünen Säfte und experimentierte mit Algen. Ich bin noch lange nicht am Ende dieser Reise angelangt, wenn es ein solches Ende überhaupt gibt. Die perfekte Ernährung? Vergiss es. Die perfekte Ernährung ist genau die, die für Dich genau zu diesem Zeitpunkt richtig ist.
Und das ärgert mich so an den vielen Rohkost-"Gurus". Jeder propagiert "seine" Rohkostform als die Beste, die für alle Menschen passt. Das ist nicht so. Wir haben alle verschiedene Bedingungen, Vorgeschichten, Bedürfnisse.

Nach dem "Survival-Mode" wie ich es nenne, befinde ich mich jetzt endlich im "Recovery-Mode". Der Haarausfall ist gestoppt, ich habe mehr Energie, meine Schilddrüse ist nicht mehr so stark sichtbar, ich verliere langsam Gewicht. Meinen Zahnschmelz versuche ich mit dem Grünzeug und Korallencalcium wieder zu regenerieren. Psychisch geht es mir meistens hervorragend. Nicht nur keine Depressionen mehr, sondern immer öfter ein debiles Grinsen auf dem Gesicht. Einfach so.
Und wer nicht weiß, warum, sollte einfach mal mehr rohes Obst und Gemüse essen :)

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